Hintergrundinfos: Himachal Pradesh

 

5. Lahaul
6. Gaddi - Kaste der Schäfer
7. Trekking

 

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1. Geschichte

Zwischen den indischen Bundesstaaten Jammu & Kashmir und Uttarakhand gelegen, und an Tibet grenzend besitzt der indische Himalaja-Bundesstaat Himachal Pradesh eine faszinierende geografische und kulturelle Vielfalt. Während der weitaus größere Teil des Bundesstaates durch den Monsun und seinen Regenniederschlägen mit einer artenreichen Flora und Fauna gesegnet ist, sorgen die von Nordwest nach Südost verlaufenden hohen Bergketten dafür, dass die dahinter liegenden abgeschirmten nördlichen Regionen, Lahaul und Spiti, nur äußerst wenige Niederschläge verzeichnen. Insbesondere in Spiti trifft der Besucher auf eine trockene, vegetationsarme wüstenartige Berglandschaft. Die angrenzende noch weiter nördlich gelegene Region Ladakh, die zum Bundesstaat Jammu & Kashmir gehört, ist in dieser Hinsicht noch extremer. Deshalb bietet dieser Naturraum nur wenigen Menschen die Chance, an dafür geeigneten Orten, durch Bewässerungslandwirtschaft ihren Lebensunterhalt zu sichern. Solche von Menschen geschaffenen Orte gleichen grünen Oasen, inmitten einer zwar menschenfeindlicheren, aber eben ungemein entrückender Bergwelt, deren Braun -, Violett - und Gelbtöne, im Spiel des Sonnenlichts den Besucher stets von Neuem ins Staunen versetzen.
In den letzten 1000 Jahren setzte sich in Himachal Pradesh politisch das fort, was auch schon zuvor dessen Geschichte bestimmte. Wie in Uttarakhand, so hat sich auch hier in der zerklüfteten Berglandschaft eine Vielzahl von größeren und kleineren Kulturräumen entwickelt, die zeitweise eigene kleine politische Gebilde - mehr oder weniger unabhängige Königtümer oder Fürstentümer - formten, bis sie oftmals direkt oder indirekt durch mächtigere Nachbarn in Abhängigkeit gerieten. Die Herkunft mehrerer Herrscherdynastien in Himachal Pradesh geht auf eingewanderte Bengalis zurück und später wurden auch von Rajputen, die vor den Moslems flohen, neue Dynastien gegründet. Letzten Endes glich Himachal Pradesh ein wenig einem Flickenteppich von eher kleinen Fürstentümer, die sich oft gegenseitig bekriegten.
Wie vielerorts in Indien kam mit dem Eingreifen der Briten durch die East India Company auch die Geschichte von Himachal Pradesh in das Fahrwasser des britischen Kolonialismus. Die expandierenden nepalesischen Gurkhas mussten sich, erzwungen durch den gemeinsamen Widerstand der Briten und den Sikhs, aus den besetzten Gebieten im heutigen Himachal Pradesh zurückziehen. Das hatte zur Folge, dass Teilgebiete von H.P. schon im Jahr 1816 an die Briten fielen und andere Teile 1846 als Folge der Niederlage der Sikhs im Kampf mit den Briten, um die Vorherrschaft im Nordwesten Indiens. Einige der Fürstentümer konnten eine Art Eigenstaatlichkeit im Rahmen der britischen Oberhoheit bewahren, die anderen fielen an die Provinz Punjab. Nach der Unabhängigkeit Indiens bestand Himachal Pradesh lediglich aus Teilen des heutigen Bundesstaates. Mit der Unabhängigkeit Britisch-Indiens und der Bildung der Staaten Pakistan und Indien fiel der Großteil des Punjab an Pakistan. Die kleinen Fürstenstaaten wurden erst als Chiefs Commissioners Province zusammengefasst und im Jahr 1956 den Status als Union Territory zugewiesen. Nach einer weiteren Teilung des Punjab im Jahr 1965 wurden dessen Berggebiete an dieses angegliedert. Im Jahr 1971 wurde Himachal Pradesh der 18. Unionsstaat Indiens. Geografisch ist der Bundesstaat Himachal Pradesh flächenmäßig etwa so groß wie die Schweiz oder Uttarakhand.
In Himachal Pradesh lebt auch der aus Tibet geflohene Dalai Lama. Das schön gelegene Dharamsala ist seitdem Sitz der Exilregierung und Wohnort für Tausende Exiltibeter. Auch deshalb ist Dharamsala Ziel vieler westlicher Besucher, die hier mit der spirituellen Welt des tibetischen Buddhismus in Berührung kommen wollen.

 

Eine kurze touristische Geschichte

Erst durch den politischen Konflikt in Kashmir und des daraus folgenden Niederganges des dortigen Tourismus wurde das Kulu-Tal, und besonders die schön gelegene Stadt Manali, zum beliebtesten Ferienort im Himalaya für indische Touristen. Ob für Neuvermählte oder Touristen, Manali weist Übernachtungsmöglichkeiten in allen Kategorien aus und daneben existiert noch ein breites Angebot an Freizeitmöglichkeiten. Von hier aus sind die Regionen Lahaul, Spiti und Ladakh mit Fahrzeugen erreichbar.
Im Jahr 1992 wurde Spiti für Touristen zugänglich gemacht, das bis dato Sperrgebiet war. Andere Grenzregionen entlang der chinesischen Grenze sind aus sicherheitspolitischen Interessen heraus noch immer für Besucher gesperrt und nur unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Besuch erlaubt. Diese Regeln werden bei ausländischen Touristen wie auch bei indischen Touristen gleichermaßen angewendet. Wer vom benachbarten Kinnaur nach Spiti reisen will, benötigt hierfür eine Genehmigung, die jedoch ohne Probleme zu erhalten ist. Von Manali und Lahaul aus kann ohne Genehmigung auch Tabo besucht werden.
Spiti, Lahaul und deren benachbarte Regionen können am besten entweder zu Fuß, durch eine „Jeep-Safari“ oder auch einer Kombination von beidem, erkundet werden. Jedenfalls sollten für eine Reise mindestens zwei Wochen veranschlagt werden, denn die Abgeschiedenheit der Bergregionen allein erfordert eine mindestens 2-3 Tage dauernde interessante Anreise von Delhi aus.

 

2. Die Kultur

In kultureller Hinsicht hinterließen die verschiedenen, in den letzten 4000 Jahren eingewanderten Bevölkerungsgruppen Spuren, die selbst bis in die Gegenwart hinein noch sichtbar sind. Im Fall von Lahaul und Kinnaur lassen sich sogar die verwendeten Dialekte auf die Munda zurückführen. Wobei diese Sprache nur noch von den als Munda bezeichneten Stammesgruppen im heutigen Bihar gesprochen wird. In isolierteren Dörfern werden zudem noch immer religiöse Kulte gepflegt, die über 2000 Jahre zurückreichen dürften, wie zum Beispiel der Naga-Kult (Schlangengötterverehrung). Für diese Naga-Gottheiten wurden auch einige der schönen hölzernen Tempel in Himachal Pradesh erbaut. Überhaupt werden noch immer vielerorts die lokalen und regionalen Gottheiten offensichtlich noch mehr verehrt als die höchsten Gottheiten des brahmanischen Hinduismus. Wobei anzumerken ist, dass unter den brahmanischen Gottheiten, die Verehrung von Shiva und den Shakti Göttinnen Kali und Durga am populärsten ist.
Die Bewohner von Himachal Pradesh leben vornehmlich in kleinen Dörfern und betreiben traditionell mehrheitlich kleinflächige Subsistenzwirtschaft. Deshalb reicht der Ertrag aus der Landwirtschaft meist nur für die Selbstversorgung des einzelnen Haushaltes aus und ein erzielter Überschuss wird dann auf dem Markt verkauft. Im Kulu-Tal hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten die Apfelplantagenwirtschaft derartig entwickelt, dass sich das Tal neuerdings auch als "Apfeltal“ bezeichnet. Angesichts der vielen Plantagen ist dies wohl auch gerechtfertigt. Für die Landwirtschaft in den Bergregionen ist vielerorts die Hinwendung zur Produktion von marktfähigen Produkten zu beobachten. In der trockenen und hoch gelegenen Region Lahaul wird nun nicht mehr länger nur die traditionelle Gerste und Buchweizen angebaut, sondern sehr erfolgreich auch Kartoffeln und Hopfen. Selbst in den abgelegenen Regionen des Himalajas lässt sich dieser Wandel von der traditionellen Landwirtschaft hin zu marktorientierten Pflanzen und Gartenbau beobachten. Im allgemeinen hat sich der Bundesstaat wirtschaftlich erfolgreich entwickelt, woran der Obstanbau für die Bauern zumindest finanziell von Vorteil. Der Rohstoffabbau, die Wasserkraftwerke, der Tourismus und die in der Vorbergzone angesiedelten Industriebetriebe sind weitere Einnahmequellen.
Der weitaus größte Teil der Bevölkerung lebt noch immer in kleinen Dörfern oder Weilern. Die traditionelle Architektur der Häuser spiegelt das Vorhandensein von Baumaterialien vor Ort. So zeugen die traditionellen aus Holz erbauten Häuser oder Tempel in waldreichen Regionen von einer bewundernswerten Handwerkskunst und Schönheit. Meist sind sie zwei bis drei Stockwerke hoch, besitzen ein Giebeldach, das mit Steinplatten abgedeckt ist. Auf der vor dem Regen geschützten Veranda werden das ganze Jahr hindurch vielerlei Arbeiten verrichtet. Das ebenerdige Stockwerk dient auch als Stall für das Vieh. In Lahaul und Spiti wiederum sind die Häuser flach und bestehen vorwiegend aus Lehm und Stein. Wegen der Schneeverhältnisse im Winter befindet sich noch ein weiterer Hauseingang im oberen Stockwerk. In Lahaul werden aber aus klimatischen Veränderungen und den höheren Kosten für die Steinplatten immer mehr Häuser mit einem Giebeldach aus Blech gebaut.

 

3. Die Religion

Wie im benachbarten Uttarakhand, so widerspiegeln die unterschiedlichen religiösen Traditionen die reiche Vielfalt des Hinduismus in Himachal Pradesh. Zumal es mit den Übergangsregionen, die buddhistische und hinduistische Regionen verbinden, das Nebeneinander und Miteinander unterschiedlichen religiösen Lebens, sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit dokumentiert.
Ohne Zweifel stehen die Dorf-Gottheiten, ob männlich oder weiblich, im Mittelpunkt des religiösen Lebens eines Dorfes. Inwiefern diese auch als bloße Erscheinungsform von hinduistischen Hauptgottheiten begriffen werden ist von geringerer Bedeutung. Vielmehr sind die mit der Verehrung verbundenen Kulte und Rituale für das religiöse Leben und von Wichtigkeit. Da das Leben der meisten Bewohner noch immer sehr stark von den religiösen Vorstellungen geprägt wird, stehen die Aktivitäten der Menschen unter dem Einfluss der Beziehung zwischen diesen und den Gottheiten. Und es sind eben diese speziellen Kulte und Rituale, die in regelmäßig über das Jahr hinweg stattfindenden Feierlichkeiten die äußere Form des religiösen Lebens demonstrieren. Ob durch Masken, Tanz, Gesang, religiös inspirierte Schauspiele, Prozessionen, schamanistische Praktiken, Tieropfern oder anderen Formen, stets wird auch der religiöse Glauben des Einzelnen als auch der Gruppe von Neuem gestärkt. Und vielleicht fühlt sich der Besucher auch dazu angeregt sich mehr mit dem Thema Religion auseinander zusetzen.

 

4. Die Regionen Spiti und Kinnaur

Die in Spiti lebenden Menschen sind Buddhisten und auch in Lahaul zählen sich die Menschen mehrheitlich zu dieser in Indien entstandenen Glaubensrichtung. Der südlich an Spiti angrenzende Bezirk Kinnaur stellt eine Übergangsregion dar. Zum einen ist das obere Kinnaur die Übergangsregion zwischen dem buddhistischen und hinduistischen Teil, zum anderen findet der naturräumliche Übergang vom vegetationsarmen hin zum vegetationsreichen „grünen“ Himalaya statt. Wer beispielsweise vom unteren Kinnaur aus nach Spiti oder vom Parvati Tal in das Pin Tal wandert, wird dies erleben können.
Das politische Schicksal von Lahaul und Spiti wurde über viele Jahrhunderte hinweg, entweder von den Tibetern - dem angrenzenden Guge-Reich – oder den Ladakhis bestimmt. Als Letztere im Krieg von 1681 bis 1683 den Tibetern unterlagen, war deren politischer Zenit überschritten und Spiti mehrere Male Ziel von Plünderungen, und Lahaul im Nachhinein unter die Herrschaft von Kulu gestellt. Im 19. Jahrhundert geriet Spiti, wie auch andere Teile des heutigen Himachal Pradesh, unter direkte britischer Herrschaft, während beispielsweise Bushahar, das nahezu identisch mit dem heutigen Distrikt Kinnaur ist, seine „Unabhängigkeit“ wahren konnte.
Obwohl in Spiti nur etwa 10.000 Menschen leben, sind hier alle vier Hauptschulen der tibetisch-buddhistischen Glaubensrichtungen vertreten. Selbst die noch vor dem Buddhismus herrschende Bön Religion wird in rudimentärer Form im Pin Tal noch vorgefunden.
Die Klöster bestimmten über Jahrhunderte hinweg das Leben der Bewohner und in der jeweiligen Klosterarchitektur spiegelt sich auch deren zugrundeliegenden Bedeutung und Zweck. Während in Tabo das rund 1000 Jahre alte Kloster und seine Pueblo ähnlichen Gebäude im Tal liegen schmiegt sich der später erbaute Klosterkomplex in Ki an einem steilen Hang und gleicht eher einer Burg. Und in der Tat spiegelt sich darin eine Geschichte in denen Überfälle durch feindliche Heere eine Gefahr für die Menschen und den Reichtümern in den Klöstern bestanden.
Dass die Freskenmalereien in Tabo, die bis zu dessen Gründung zurückreichen, bis heute erhalten sind, kann man einerseits mit dem trockenen und niederschlagsarmen Klima, und andererseits mit Glück erklären. Kunsthistorisch gilt es als ein Juwel unter den buddhistischen Klöstern des Himalajas, obschon es von außen betrachtet einem eher unscheinbaren Gebäudekomplex gleicht. Ist man jedoch einmal über die Türschwelle getreten, taucht man in eine Atmosphäre ein, die sich beim Betrachten der Malereien an den Wänden und den Plastiken nur noch mehr verdichtet - atemberaubend. Sicherlich haben die anderen Tempel ihre jeweilige eigene Ausstrahlungskraft, ob nun in Spiti, Lahaul oder Ladakh, dennoch gehört der Besuch von Tabo und der Gompa von Alchi in Ladakh zu den bemerkenswertesten und ästhetisch bezauberndsten Erlebnisse für Besucher. Beide Orte zählen zu Recht zum Weltkulturerbe. Wenn Tabo oder Alchi von "Innen" glänzen, so dürfen sich andere Klöster wegen ihrer herrlichen Lage rühmen. Kein anderes Kloster liegt an einer dermaßen exponierten und fantastischen Lage wie Dhankar, das auch lange Zeit die Hauptstadt von Spiti war.
Für die Klöster war es nicht schwierig Nachwuchs zu erhalten, weil es Sitte war, dass außer dem ältesten Sohn meist alle anderen Söhne in die Klöster geschickt wurden. Doch während der Sommermonate halfen die Mönche ihren Familien bei der Ernte. Das Zölibat der Mönche einerseits und die Polyandrie, bei der mehrere Brüder gemeinsam eine Ehe mit einer Frau schließen, andererseits, hielten die Bevölkerungsentwicklung unter Kontrolle. Eine Tradition, die heute weniger beachtet wird, auch weil der Zwang die Bevölkerungszahl zu kontrollieren, nicht mehr so akut ist. Heutzutage gibt es auch anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft, um eine Familie zu ernähren. Früher trieben die Einheimischen auch Handel mit dem benachbarten Tibet und Ladakh, aber dieser kam wegen politischer Schwierigkeiten zwischen Indien und China zum Erliegen.
Die verwaltungstechnisch zusammengehörenden Regionen von Lahaul und Spiti bilden den buddhistisch geprägten Teil von Himachal Pradesh. Dieser ist zwar an Landfläche vergleichsweise groß doch ist die Bevölkerungszahl recht klein. Während die Bevölkerungsdichte in Himachal Pradesh im Durchschnitt bei 109 Personen auf einem Quadratkilometer liegt, sind es für Lahaul und Spiti lediglich 2 Personen. Diese Zahl unterstreicht die schwierigen Lebensbedingungen in dieser Bergregion des Himalajas. Weidewirtschaft, Landwirtschaft und Handel trugen in jeweils unterschiedlichen Anteilen dazu bei, das materielle Überleben zu sichern. Die aus überwiegend sesshaften Bauern und Nomaden bestehenden Bevölkerung, nutzte die eher lebensfeindliche Berglandschaft vermittels Bewässerungsfeldwirtschaft und extensiver Viehwirtschaft. Für die Bauern war es nur durch die Bewässerung überhaupt möglich, in dieser wüstenartigen fast baumlosen Region, Getreide anzupflanzen.
Tsampa - geröstetes Gerstenmehl - ob trocken oder in Buttertee angerührt - blieb die einfache Ernährungsgrundlage bis in die nahe Gegenwart hinein. Fleisch und Milch, ein steinharter Käse, die köstlichen Aprikosen und schon hat man die wenigen Nahrungsmittel aufgezählt, die in der geräumigen Küche oder auf dem Feld und unterwegs verzehrt werden. Die Küche, mit den in Regalschränken dekorativ abgestellten Küchenutensilien, der niedrige metallene oder aus steingehauene Herd, dessen Ofenrohr durch die Zimmerdecke führt, die Tellerbreiten schmalen Holztische, an denen man auf Teppichen sitzend das Essen einnimmt und Buttertee oder Chang trinkt, bildet das Zentrum eines jeden Hauses.

 

5. Die Region Lahaul

Touristen, die auf dem Überlandweg nach Ladakh reisen, bleiben meist nur ein oder zwei Tage in Keylong, das zugleich auch Hauptverwaltungsort des Bezirkes Spiti - Lahaul ist. Warum die Besucher nicht Lahaul entdecken, liegt wohl daran, dass Ladakh ungleich größer und bekannter ist und die Zeit eines jeden Reisenden leider begrenzt ist. Für Trekkingtouren nach Zanskar ist Lahaul jedoch schon längst Start - oder Endpunkt der Touren. Zum Beispiel von Darcha oder Palamo aus führt die bekannte und attraktive Trekkingroute über den Shingo La nach Zanskar und von Padum weiter nach Lamaruyu.
Demgegenüber werden die meisten Täler von Lahaul lediglich regelmäßig von Schäfern besucht.
 
 
Landschaftlich besticht Lahaul mit seinen unzähligen Gletschern, die sich an die steilen Bergflanken schmiegen. Es gibt wohl kaum eine Region im westlichen indischen Himalaya, in der die Gletscherzungen so weit in die Täler hinunterreichen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich auf der Straße zwischen Rohtang Pass, Keylong und Baralacha La befindet oder auf einer Trekkingtour in den großen Seitentälern. Bis knapp unter 4000 Meter Höhe gibt es kleine Dörfer und Weiler, deren Häuser i.d.R. denen, der rechteckigen, mehrstöckigen und flachdacheigen von Spiti und Ladakh gleichen, die jedoch nicht mit weißer Farbe getüncht sind, sondern in der natürlichen Farbe des Lehms belassen werden. Neben dem Pflanzenanbau gibt es auch die Weidewirtschaft. Über den Sommer leben dann die meisten Tiere, wie Pferde, Yaks oder Schafe und Ziegen auf den hoch liegenden Weiden. Der Besucher trifft dann auch während der Sommermonate von Mai/Juni bis September auch Tausende von Schafen und Ziegen der aus der Region Kangra kommenden Schäferkaste – den Gaddis.

 

6. Gaddi – Kaste der Schäfer

Kaste und/oder „Scheduled Tribe“? Während die Lahaulis und die Bewohner von Spiti zu den Tribals – also Stammesgemeinschaften - gezählt werden, wird dieser Status den in Kangra lebenden Gaddis im Gegensatz zu den in dem ebenso an Lahaul angrenzenden Chamba lebenden Gaddis verwehrt. Die Einstufung der Bevölkerung Indiens in spezifische Bevölkerungsgruppen mit jeweiligen Merkmalen ist ein Feld das nicht nur Ethnologen, Verwaltungsbeamte oder Politiker beschäftigt, es bietet auch Touristen ein Zugang in die Vielfalt und Faszination der Geschichte dieses Landes.
Die Gaddi ziehen mit ihren Schafen das ganze Jahr auf zuvor festgelegten Routen zwischen den niedrig liegenden Regionen des Himalajavorlandes und dem Hauptkamm des Himalaya hin und her. Das Himalajavorland wird im November oder Dezember erreicht werden. Dort bleiben sie etwa 4 Monate, um dann wieder im April zu den Sommerweiden des hohen Himalaya aufzubrechen.
Ein einzelner Schäfer wird jedoch niemals allein mit seiner Herde umherziehen. Meist wird eine Herde, die durchschnittlich 300-400 Tiere umfasst, von zwei bis vier Schäfern betreut, die auch überwiegend die Eigentümer der Schafe sind. Anders als in Europa meist der Fall, helfen die Hunde den Schäfern nicht beim eigentlichen Hüten. Die Hauptaufgabe der Hunde besteht darin, dass sie nachts die Herde gegen wilde Tiere, wie Bären oder Leoparden schützen müssen. Mit der Schafshaltung kann der Schäfer sowohl mit dem Verkauf der Wolle, etwa 1-1,5 kg Wolle pro Schaf als auch mit dem Fleischverkauf Geld verdienen. Dagegen liegt der vornehmliche Wert der Ziegenhaltung als Fleischlieferant und die Ziegenhaare werden gewöhnlich nur zur Herstellung von traditionellen wetterfesten Kleidungsgegenständen benutzt. Steigende Preise für Fleisch machen aber gerade die Ziegenhaltung attraktiv, während die Wollpreise stagnieren.
 
 
Obschon die Lebensgrundlage vornehmlich auf der Tierhaltung und der Transhumanz beruht, wird noch landwirtschaftlicher Anbau für die Selbstversorgung betrieben. Dass die Tierhaltung auch zu Problemen für die natürliche Vegetation führen kann, wird auch vielerorts im Himalaya deutlich. Unkontrollierte Abholzung durch Konzessionäre und planlose Abholzung, wie auch Überweidung führte schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch zu gesetzlichen Auflagen für die Tierhaltung der sesshaften Bauernbevölkerung oder den nomadisierenden Tierhaltern. Ohne Zweifel sind die Folgen der Ziegenhaltung für die junge Vegetation zerstörerischer als bei Schafshaltung. Für den Schäfer bieten die Ziegen noch den Vorteil, dass sich diese an schwierigere Ernährungsbedingungen besser anpassen als es Schafe vermögen. Folglich versuchte man staatlicherseits, die Ziegen mit höheren Abgaben zu belegen. Zusätzlich wurde und wird die Situation der Schäfer durch die stetige Ausweitung der angebauten Fläche noch zusätzlich erschwert. Solchermaßen stehen die Gaddi unter erheblichen Druck durch staatliche Institutionen, vornehmlich der Forstverwaltung. Es bleibt jedoch ein zweifelhaftes Unterfangen, wenn diese seminomadische Bevölkerung, ähnlich wie bei den Rinderhaltenden Gujjar, für die in der Vergangenheit angerichteten Umweltschäden so sehr verantwortlich gemacht werden und beispielsweise die lokale Tierhaltung nicht genauso unter die Lupe genommen wird. Und die desaströse Waldabholzung im 19. und 20. Jahrhundert geschah nicht durch Nomaden, sondern durch staatliche Forstwirtschaft und mangelnde Kontrolle. Es scheint sich deshalb bis in die Gegenwart hinein weniger um wissenschaftliche Problemlösungsversuche zu handeln als um politische Abwägungen. Dessen ungeachtet verlangt die ökologische Situation des Himalaya auch von den Trekkinggruppen ein entsprechendes Umweltbewusstsein, damit die Situation nicht noch schwieriger wird.

 

7. Trekking

Es gibt bei einer solchen Bandbreite von Berglandschaften nicht anders zu erwarten für jeden interessierten ein reiches Angebot von Touren. Ein besonderer Reiz liegt sicherlich auch darin die Vielfalt an Naturraum und Kulturen der Regionen zu verbinden, indem auf einer Reise die unterschiedlichen Regionen programmlich verknüpft werden, sei es im Kulturteil und/oder bei Trekkingtouren. Alleine schon die Anfahrt, für manche zwar wegen der Dauer und der Art der Straßen eine Herausforderung, dürfte jedoch schon für die meisten Reisenden ein besonderes Erlebnis darstellen, weil die Übergänge unterschiedlicher Lebensräume im nördlichen Indien hautnah erlebt werden können.

Die Schwierigkeitsgrade der Trekkingtouren variieren, die Tourlängen ebenso und der übrige Charakter der Touren noch durch andere Faktoren, wie Vegetation, Klima, Maximalhöhe usw. bestimmt. Eine Tour im Himalaya zu unternehmen - bedeutet natürlich auch immer Menschen zu begegnen. Deshalb sollten diese Chancen und Erfahrungen bei keiner Tour fehlen.